Der ORF ist mit seinen Internetportalen sehr erfolgreich, er betreibt Österreichs reichweitenstärkstes Online-Nachrichtenportal. Das ist erfreulich, denn nicht jeder öffentlich-rechtliche Sender findet in die Zukunft. Und der ORF macht guten Journalismus, den brauchen wir heute und in Zukunft.
Was nun geschieht, ist aber eine Sache für "am Schauplatz Gericht": Die Eigentümer der Adworx teilen ihre Firma in zwei Teile. Der technische Part, dort wo das Know How der Zukunft liegt -mit Adserving und Ad Operations - geht an die ORS, eine Tochterfirma des ORF und der Raiffeisen-Tochter Medicur.
Die Vermarktungsseite, dort wo Werbeplätze verkauft werden, geht an den Vermarktungs-Konkurrenten Goldbach Audience.
Was bemerkenswert ist: Die Vermarktungsseite besteht im Wesentlichen aus dem Recht den ORF weitervermarkten zu dürfen. Es werden also Werbeplätze auf orf.at verkauft. Und aus einem dutzend weiterer, sehr kleiner Vermarktungsverträge. Aber es geht im Wesentlichen um orf.at: wer das Portal vermarktet, der ist in Österreich bei den großen Jungs dabei.
Der ORF hat also nun das Recht, dass seine eigene Webseite vermarktet wird, an eine externe Firma verkauft.
Das Recht ist nur dann etwas Wert, wenn es Bindungspflichten gibt und wenn die Vermarktungsprovision attraktiv ist.
Mit diesem Recht gehen auch strenge Auflagen bei der Werbeschaltung, denen der ORF per Gesetz unterliegt, an Goldbach, dazu noch - so vermute ich - eine Reihe von Verpflichtungen, wieviel Umsatz Goldbach dem ORF im Jahr bringen muss.
Was hat der ORF verkauft, was dafür bekommen? Wie lange darf Goldbach vertraglich den ORF vermarkten? Wie hoch ist die Verkaufsprovision, welche Verpflichtungen entstehen dem ORF daraus?
Die Sache ist bedeutend und groß:
Warum muss der öffentlich-rechtliche Sender, der von Gebühren aller Radio- iPad-, und TV-Besitzer finanziert wird, so eine entscheidende Verpflichtung, die erheblichen Einfluss auf seine finanzielle Situation aber auch den Wettbewerb hat, seinerseits nicht öffentlich ausschreiben?
2012 hat das Bundesvergabeamt festgestellt, dass der ORF ein öffentlicher Auftraggeber ist, dessen Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden müssen.
Das ORF-Gesetz regelt die Online-Werbung des ORF klar und genau: nicht erlaubt ist etwa Targeting, also das gezielte herauspicken von Usern -etwa nach Soziodemographie oder Herkunft.
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000785
(4) Kommerzielle Kommunikation in Teletext- und Online-Angeboten ist nur in standardisierten Formen und Formaten zulässig. Unzulässig sind Formen, bei denen eine leistungsbezogene Abrechnung dergestalt erfolgt, dass Marketinginstrumente mit dem Ziel eingesetzt werden, eine messbare Reaktion oder Transaktion mit dem Nutzer zu erreichen (Performance Marketing), sowie jene Formen, bei denen auf Basis der Speicherung von Nutzerverhaltensdaten eine Individualisierung erfolgt. Die Preisgestaltung der kommerziellen Kommunikation in Online-Angeboten hat in Form eines bestimmten Geldbetrages pro Sichtkontakt zu erfolgen. Die Gewährung von Rabatten beim Vertrieb von kommerzieller Kommunikation in Online-Angeboten ist ausschließlich aufgrund von Mengenstaffeln in derselben Mediengattung zulässig. Die Gewährung von Rabatten in der Form, dass kommerzielle Kommunikation in größerem Umfang bereitgestellt wird als nach standardisierten Preisen erworben wurde (Naturalrabatte), ist unzulässig. Sämtliche Formen, Leistungen, Preise, Rabatte und Skonti sind im Tarifwerk für kommerzielle Kommunikation festzulegen und zu veröffentlichen.
Der ORF ist auch dazu verpflichtet, den Wettbewerb nicht zu verzerren. Insofern muss der neu Vermarktungsvertrag auch daraufhin geprüft werden.
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(2) Geschäftliche Beziehungen innerhalb des Österreichischen Rundfunks, zwischen dem Österreichischen Rundfunk und seinen Tochtergesellschaften (§ 2 Abs. 2) oder zwischen den Tochtergesellschaften haben, soweit es sich um Beziehungen zwischen Unternehmensbereichen, die Tätigkeiten im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrags einerseits, und Unternehmensbereichen, die kommerzielle Tätigkeiten wahrnehmen andererseits, handelt, dem Grundsatz des Fremdvergleichs zu entsprechen. Diesem Grundsatz ist entsprochen, wenn diese geschäftlichen Beziehungen zu Bedingungen erfolgen, die wirtschaftlich handelnde dritte Personen in ihrem Geschäftsgebaren untereinander zu Grunde legen würden.
Foto: gerhard loub / flickr (CC BY-NC 2.0)
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