November 08, 2009

Der Chirurg für den Arbeitsmarkt wird gesucht

Wir haben Phase II der Eskalation erreicht. Bisher kümmerten sich weltweit nur Notfall-Teams um die Rettung der Konjunktur, jetzt sind allerdings Rehab-Spezialisten gefragt. In den sozial besser abgesicherten Industriestaaten Westeuropas stehen wir vor der Frage, ob wir uns dabei Chirurgen, Schmerztherapeuten oder Alternativmedizinern anvertrauen sollen.

Die deutschen Bürger haben sich vor kurzem für eine chirurgische Operation entschieden und Schwarz-Gelb zur Regierungsfarbe gemacht. Die neue Koalition soll Steuern senken, um der Wirtschaft Luft zum Atmen zu verschaffen und um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Doch es kristallisiert sich immer deutlicher heraus, dass der Schritt keineswegs so groß wie erhofft sein wird. Und dass es teils heftige Widerstände in den eigenen Reihen, sowohl bei CDU/CSU als auch bei FDP und Industrievertretern gibt. Denn auch dort gibt es Menschen, die sich Sorgen um die Zukunft, also zumindest die nächste Wahl, machen, die mit einem erneut aus dem Ruder laufenden Budget kaum zu gewinnen sein wird.

Auch Österreich ist von einer galoppierenden Arbeitslosigkeit betroffen. In industrialisierten Bundesländern, wie etwa Nieder österreich, ist sie bei Männern sogar um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Natürlich klafft zwischen der Innensicht der politisch Verantwortlichen und deren Kritikern ein Wahrnehmungs gefälle. Während Sozialminister Rudolf Hundstorfer von den Abschwung „bremsenden Effekten“ wie Kurzarbeit spricht, weist die Opposition berechtigterweise auf die fehlende Zukunfts vision hin. Jeder Betrieb, der durch die Kurzarbeit dazu bewegt werden konnte, nicht zuzusperren, abzuwandern oder Leute hinauszuwerfen, ist den Rettungsteams von Bund und Ländern als Erfolg zuzurechnen. Alleine: Es reicht nicht.

Im Augenblick sieht es danach aus, als würden wir uns dem chirurgischen Eingriff, der unsere Schmerzen heilen könnte, entziehen wollen und statt dessen auf die Schmerztherapie verlassen. Wir erleben, dass die Mittel für Arbeitsmarktförderungen, Schulungen und Frühpensionen deutlich erhöht werden. Die Bevölkerung, die Arbeit hat, leistet für den sozialen Frieden so einen immer größeren Beitrag. Bei einer Operation würden dagegen soziale Transfers deutlich gekürzt werden, um die Lohnnebenkosten senken zu können.

Persönlich halte ich jedoch die Alternativmedizin für die überlegenere: Über die kommenden Jahre könnten wir die steuerliche Belastungen für Energie kontinuierlich erhöhen – und im Gegenzug den Faktor Arbeit gleitend entlasten.

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