November 30, 2009
Sammelklagen bringen Anlegern wenig
Ständig stehen wir vor der Versuchung, Gewinne abzusichern und Verluste auszugleichen. Prinzipiell wäre das keine schlechte Handlungsstrategie, würde sie nicht unsere Ergebnisse verschlechtern. Konkret zeigen Experimente seit den 90er-Jahren, dass Spieler, Anleger und auch Manager in Situationen, die sie mit Verlusten konfrontieren, riskantere Strategien wählen als in komplementären Situationen, in denen es um Gewinne geht. Außerdem treibt uns der menschliche Faktor soweit, dass wir Gewinne, die in ferner Zukunft liegen, grob unterschätzen und weit entfernte Verluste sogar dramatisch unterbewerten.
Es ist wohl dieser Unvollkommenheit zuzuschreiben, dass nur wenige Menschen Casinos mit vollen Taschen verlassen, an der Börse in allen Phasen Gewinne optimieren und Verluste minimieren und im Management keine Fehler geschehen - weder bei Investitions- noch bei Rationalisierungsprojekten. Derzeit sind Tausende Österreicher Gefangene dieses Verhaltensdilemmas, denn sie waren Aktionäre bei Immofinanz, Meinl European Land oder AvW sowie Kunden beim AWD. Sie trafen Entscheidungen, die ihr Vermögen verringerten. Das passierte, weil sie von Beratern bewusst falsch informiert wurden und weil sie falsche Erwartungen hatten. Nun sind sie mit Verlusten konfrontiert und daher gefährdet, erneut Fehler zu begehen. Anstatt das Risiko zu minimieren, erhöhen sie es, indem sie ihre Erwartungen nicht der momentanen Marktsituation anpassen, sondern darauf setzen, das Entgangene komplett zurückzubekommen.
Deswegen schließen sie sich „Sammelklagen" an, bei denen ihnen Prozessfinanzierer gnadenlos sämtliche Rechte abnehmen. Wer sich der Gruppenintervention in der Causa AvW anschließt, unterzeichnet vorab, allen Unternehmungen der Rechtsanwälte zuzustimmen - seien es Klagen, der Abschluss von Vergleichen aber auch die Kündigung des Investments. Der AvW-Investor gibt seine Handlungsfähigkeit also auf. Im Gegenzug versichern die Anwälte, gegen die AvW-Organe sowie gegen Gutachter, Prüfer und die FMA vorzugehen. Einen konkreten Plan entwickeln sie erst, wenn sie die Ansprüche der Anleger eingesammelt haben.
Die Geschädigten kaufen die Katze im Sack. In der Causa Amis wurde jedoch klar, dass es keine um sich schlagenden Prozessfinanzierer braucht, um zu Geld zu kommen. Anleger sollten sich also besser privaten Rechtsbeistand suchen, der ihre Anliegen vertritt. Wer vor einem Investment steht, der sollte eine Rechtsschutzversicherung abschließen, die dieses Prozessrisiko abdeckt.
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